Der letzte Tag des Sommers endet. Die Stadt ist in goldenes Licht getaucht, Hannover sieht jetzt richtig schön aus, und es duftet und niemand schreit. Auf dem Opernplatz patrouillieren vier Männer auf und ab, hin und her, sie sind in komplett in Schwarz gekleidet, Men in Black, und nur ein kleiner Hinweis auf ihren Shirts verrät, dass sie dem «Sicherheitsdienst» angehören. Ich kann nicht anders und muss sofort an die Waffen-SS denken, an die Schutzstaffel von Hitler, aber die sahen in ihren Boss-Uniformen viel besser aus als die vier Männer vor der Oper. Sie schwitzen und ihre Gesichter glänzen – und sie entdecken uns. Wir sind geliefert, sie kommen näher, an eine Flucht ist nur noch zu denken, in die Tat lässt sie sich nicht mehr umsetzen. (Schussbefehl, fies in den Rücken ballern.)
Wir sitzen auf den Treppen der Staatsoper und ließen es uns bis eben gut gehen. Ein junger Mann löst sich aus der Vierergruppe und trägt seine Forderung vor. Seine Körperhaltung ist angespannt, seine Miene streng.
«Sie können hier leider nicht sitzen, das ist verboten», behauptet er. «Bitte gehen Sie fort.»
«Warum, wenn ich mal fragen darf, hier ist es doch so schön», sagte ich. «Der viele Beton, die Kabel und die zwei betrunkenen Frauen, die versuchen, Deutsch zur reden – das ist durchaus unterhaltsam.»
«Das mag sein, aber ich muss Sie einfach bitten, zu gehen.»
«Warum noch mal?»
«Einige der Opernbesucher fühlen sich gestört, wenn hier einfache Leute auf den Treppen herumlungern.»
«Proletarier oder Nichtsnutze der Bohème.»
«In etwa so. Bitte stehen Sie doch mal auf und gehen.»
«Aber die Opernbesucher sitzen doch drinnen und können uns gar nicht sehen, auch wegen des erwähnten Betons – und so.»
«Trotzdem.»
«Was soll denn das für ein Argument sein, das ergibt doch keinen Sinn.»
«Bitte.»
«Diese Snobs sind aber auch sensibel, unglaublich. Dabei trage ich immerhin ein Hemd!»
Wir stehen auf und gehen einige Meter weiter, wo sich die Punks, Skater und Emos treffen und gemeinsam Bier trinken, skaten und rauchen. Wenn die sensiblen Snobs wüssten, welch Barbarei sich neben dem Operngebäude abspielt – viele von ihnen würden vor Ekel und Abscheu schmelzen wie die Nazis in Indiana Jones. Dann könnten wir endlich wieder vor der Oper sitzen und Eis essen.